Einordnung: Infektionsschutzrecht / Grundrechte
Konkret: Betriebsschließung im Einzelhandel
Kernaussagen: Es besteht gegenwärtig kein Anlass, bei der Schließung von Einzelhandelsgeschäften regional differenzierende Regelungen zu schaffen. Denn eine punktuelle Öffnung des Einzelhandels in einigen Kreisen führt zu umfangreichen Kundenströmen zwischen einzelnen Kreisen und aus anderen Bundesländern und damit voraussichtlich zu einem erheblichen Anstieg der Sozialkontakte und der Infektionsgefahren. Aus dem Umstand, dass die 7-Tages-Inzidenz von 50 im landesweiten Durchschnitt inzwischen unterschritten wird, folgt nichts anderes. Dieser Umstand zwingt das Land insbesondere nicht dazu, sich einer bundeseinheitlich abgestimmten Strategie zur Pandemiebekämpfung zu verweigern. Denn die Unterschreitung des auf den Landesdurchschnitt bezogenen Inzidenzschwellenwerts ändert nichts daran, dass der Anwendungsbereich von Satz 9 des § 28a Abs. 3 IfSG weiterhin eröffnet ist. Hinzu komme, dass der Schwellenwert im Land erst seit wenigen Tagen und bislang auch nur geringfügig unterschritten wird.
An einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz fehlt es. Die Grundentscheidung des Landes, den Einzelhandel für Lebensmittel und Getränke von der grundsätzlichen Schließungsanordnung auszunehmen, ist nicht zu beanstanden. Denn dieser dient der Grundversorgung der Bevölkerung. Dem Lebensmitteleinzelhandel auch den Weitervertrieb von Sortimentsteilen jenseits von Lebensmitteln und Getränken einschließlich von Textilien in untergeordnetem Umfang zu gestatten, ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Diese Unterscheidung beruht auf Gründen des Infektionsschutzes. Das Land hat davon ausgehen dürfen, dass der Verkauf solcher Produkte durch den Lebensmitteleinzelhandel zu keinem zusätzlichen Anstieg der durch die Öffnung des Einzelhandels ohnehin geschaffenen Infektionsquellen führen, eine Öffnung des Textileinzelhandels hingegen zusätzliche Infektionsquellen schaffen würde.