Einordnung: Strafprozessrecht / Absetzung des Urteils
Konkret: Zu den Anforderungen an eine richterliche Unterschrift unter einem schriftlichen Urteil (§ 275 II 1 StPO).
Kernaussagen: Das Fehlen einer gem. § 275 II 1 StPO individualisierbaren richterlichen Unterschrift ist dem völligen Fehlen der Urteilsgründe gleichzustellen und führt bereits auf die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils, wenn nach Ablauf der Frist des § 275 I 2 StPO die Unterschrift auch nicht mehr nachgeholt werden kann.
Der erkennende Richter hat das von ihm verfasste schriftliche Urteil zu unterschreiben (§ 275 II. 1 StPO), was einen die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden individuellen Schriftzug erfordert, der sich nicht nur als Namenskürzel (Paraphe) darstellt, sondern charakteristische Merkmale einer Unterschrift mit vollem Namen aufweist und die Nachahmung durch einen Dritten zumindest erschwert. Dazu bedarf es nicht der Lesbarkeit des Schriftgebildes; ausreichend ist vielmehr, dass jemand, der den Namen des Unterzeichnenden und dessen Unterschrift kennt, den Namen aus dem Schriftbild herauslesen kann. Das setzt allerdings voraus, dass mindestens einzelne Buchstaben zu erkennen sind, weil es sonst am Merkmal einer Schrift überhaupt fehlt. Diese Grenze individueller Charakteristik ist insbesondere bei der Verwendung bloßer geometrischer Formen oder einfacher (gerader oder nahezu gerader) Linien eindeutig überschritten, die in keinem erkennbaren Bezug zu den Buchstaben des Namens stehen.
In einer Revisionsklausur im 2. Examen muss der „gerade Strich als Unterschrift“ bei sorgfältiger Bearbeitung auffallen.
Diese Entscheidung ist examensrelevant.