Einordnung: Arbeitsrecht / Betriebsratsanhörung
Konkret: Betriebsrat muss auch in der Wartezeit des KSchG angehört werden.
Kernaussagen:
Der Kläger hatte den allgemeinen gesetzlichen Kündigungsschutz gem. § 1 KSchG noch nicht erworben, weil das Arbeitsverhältnis bei Zugang der Kündigung noch keine sechs Monate bestand. Seine Kündigung bedurfte deshalb nicht der sozialen Rechtfertigung nach § 1 KSchG.
Auch in der gesetzlichen Wartezeit ist nach ständiger BAG-Rechtsprechung der Betriebsrat vor einer beabsichtigten Kündigung zu hören. Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 102 I 1 BetrVG, wonach der Betriebsrat „vor jeder Kündigung“ zu hören ist. Auch wenn ein individual-rechtlicher Kündigungsschutz nicht oder noch nicht besteht, soll der Betriebsrat in die Lage versetzt werden, auf den Arbeitgeber einzuwirken, um ihn gegebenenfalls mit besseren Argumenten von seinem Kündigungsentschluss abzubringen. Bei einer Kündigung in der Wartezeit ist die Substantiierungspflicht nicht an den objektiven Merkmalen der Kündigungsgründe des noch nicht anwendbaren § 1 KSchG, sondern allein an den Umständen zu messen, aus denen der Arbeitgeber subjektiv seinen Kündigungsentschluss herleitet. Dies folgt aus dem Grundsatz der subjektiven Determination.
Infolgedessen ist der Betriebsrat immer dann ordnungsgemäß angehört, wenn der Arbeitgeber ihm die Gründe mitgeteilt hat, die nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und die für seinen Kündigungsentschluss maßgeblich sind. Diesen Kündigungsentschluss hat er regelmäßig unter Angabe von Tatsachen so zu beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe prüfen kann. Schildert der Arbeitgeber dem Betriebsrat den seiner Kündigungsentscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt bewusst irreführend, ist die Anhörung unzureichend und die Kündigung unwirksam. Eine vermeidbare oder unbewusste Fehlinformation macht die Betriebsratsanhörung hingegen noch nicht unwirksam.
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