Einordnung: Strafprozessrecht / Auslegung von Rechtsbehelfen
Konkret: Eine „Revision“ kann als Berufung auszulegen sein
Kernaussagen: Im Strafrecht findet im Rahmen der Berufung eine komplett neue Tatsacheninstanz statt.
In der (Sprung-)Revision findet hingegen eine bloße Rechtskontrolle unter Verzicht auf nochmalige Tatsachenfeststellungen statt.
Wurde jemand in erster Instanz vom AG verurteilt, stehen die Rechtsmittel der Berufung und der Sprungrevision zur Verfügung. Hierbei muss die Berufung nicht begründet werden, wohingegen bei der Revision im Rahmen der Verfahrensrüge die strengen Begründungsanforderungen des § 344 II 2 StPO gelten.
Vorliegend hatte die Angeklagte gegen das Urteil des AG „Revision“ eingelegt, diese in der Folge aber nicht begründet. Die Revision wurde daher als unzulässig verworfen. Den hiergegen eingelegten „Einspruch“ der Angeklagten legte das KG gemäß § 300 StPO als Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts nach § 346 II StPO aus.
Da die Angeklagte nach ihren laienhaften Vortrag eine Neubewertung des Sachverhalts begehrte, legte das KG die „Revision“ als Berufung aus, die zulässig war, da diese nicht begründet werden muss.
Sowohl bzgl. des eingelegten „ Einspruchs“ als auch bzgl. der eingelegten „ Revision“ stellt das KG klar:
Insbesondere die Rechtsmittelerklärung eines rechtsunkundigen Angeklagten ist anhand ihres Gesamtinhalts und unter Berücksichtigung des erstrebten Erfolges auszulegen (vgl. § 300 StPO). Eine irrtümliche Falschbezeichnung wirkt nicht zu Lasten des Rechtsmittelführers. Im Zweifel gilt unter zur Wahrung des Grundsatzes effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 IV GG) das Rechtsmittel als eingelegt, das die umfassendere Nachprüfung erlaubt und mit geringeren Begründungsanforderungen verbunden ist.
Dieser Beschluss ist klausur- und praxisrelevant.