Einordnung: Revisionsrecht / Strafzumessung
Konkret: Minder schwerer Fall und Verbot der Doppelverwertung
Kernaussagen: BGH Urt. v. 20.7.2022 – 2 StR 34/22 = BeckRS 2022, 22146 Bei der Prüfung, ob zugunsten des Angeklagten von einem minder schweren Fall des (besonders) schweren Raubes ausgegangen werden kann, darf ihm das Gericht nicht zugute halten, lediglich eine Scheinwaffe und keine scharfe Schusswaffe verwendet zu haben. Ein solches Vorgehen stünde im Widerspruch zu der Bewertung des Gesetzgebers. Der gegenüber § 250 II StGB mildere Qualifikationstatbestand des § 250 I Nr. 1 b StGB wurde gerade auch für den Fall geschaffen, dass der Täter beim Raub oder der räuberischen Erpressung eine nicht funktionsfähige Schusswaffe mit sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden. Das schließt es aber aus, das Mitsichführen einer nicht funktionsfähigen Schusswaffe bei der Tat – für sich genommen – als Umstand zu werten, der die Annahme eines minder schweren Falles im Sinne des § 250 III StGB begründen kann.
M.a.W.: Es liegt eine verbotene Doppelverwertung (§ 50 StGB analog) zugunsten des Täters vor, wenn das Gericht sagt: „Weil es nur eine Scheinwaffe war, liegt die mildere Qualifikation vor. Und es liegt zudem (!) ein minder schwerer Fall vor, weil es nur eine Scheinwaffe war.“
Beachte: Das Analogieverbot gilt nicht im Bereich der Strafzumessung.
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