Einordnung: Strafprozessrecht / Revisionsbegründungsfrist
Konkret: Wiedereinsetzung in die Revisionsbegründungsfrist
Kernaussagen: Im Strafrecht ist bei der Revision zwischen der sog. „Sachrüge“ und der sog. „Verfahrensrüge“ zu unterscheiden.
Erstere betrifft Fehler des Urteils in materieller Hinsicht, also z.B. eine falsche Subsumtion der Zueignungsabsicht beim Diebstahl.
Letztere betrifft Fehler im prozessualen Weg der Wahrheitsfindung in der Hauptverhandlung, also z.B. die fehlende Belehrung eines Zeugen über ein Zeugnisverweigerungsrecht.
Der Unterschied ist wichtig, weil es nur bei der Sachrüge eine Amtsprüfung durch das Revisionsgericht gibt. Verfahrensfehler hingegen werden nur auf explizite Verfahrensrüge (§ 344 II 2 StPO) hin geprüft.
Vor diesem Hintergrund hat der BGH entschieden:
Dem Angeklagten ist Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist (§ 345 StPO) zumindest für die Erhebung der Sachrüge zu gewähren, wenn sein Verteidiger innerhalb der Begründungsfrist ohne jede weitere Ausführung nur den Antrag stellt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, sich mithin aus seinem Begründungsschriftsatz nicht ergibt, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird.
Erklärung: Wer (nur oder zumindest auch) die Sachrüge erhebt, muss diese nicht separat begründen. Folglich kann er auch keine Frist zur Begründung versäumt haben.
Dieser Beschluss ist klausurrelevant.