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OLG Oldenburg, Beschluss vom 23.07.2021, 1 Ws 190/21

Einordnung: Strafrecht / Pflichtwidrigkeitszusammenhang

Konkret: Gutes Zeugnis für Todesengel begründet keinen Pflichtwidrigkeitszusammenhang

Kernaussagen: Die „Rahmenhandlung“ dürfte aus den allgemeinen Medien vielleicht noch bekannt sein:

Ein Arbeitgeber hat den Verdacht, dass ein Pfleger Patienten tötet (sog. „Todesengel“).
Dennoch wird ihm am Ende des Arbeitsverhältnisses ein gutes Arbeitszeugnis ausgestellt.
Auch deshalb stellt den Pfleger ein neuer Arbeitgeber ein, wo der Pfleger seine Taten fortsetzt.

Nach Meinung des OLG Oldenburg gilt:
Zwischen dem Erstellen eines unzutreffenden Arbeitszeugnisses durch Verschweigen von Verdachtsmomenten und den nachfolgend begangenen Tötungen des insoweit tatverdächtigen Mitarbeiters in einem andere Klinikum besteht kein Pflichtwidrigkeitszusammenhang. Die Schutzwirkung eines Zeugnisses ist ausschließlich auf den Adressaten dieses Zeugnisses und dessen Rechtsgüter beschränkt.

Im Detail:
Zwar mag das insoweit unrichtige Zeugnis kausal für die Einstellung von II im Klinikum BB gewesen sein; es wäre ihm dementsprechend bei pflichtgemäßer Zeugniserteilung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht möglich gewesen, seine Taten im dortigen Klinikum fortzusetzen. Bei Erfolgsdelikten muss aber - über die Ursächlichkeit hinaus - zur sachgemäßen Begrenzung der objektiven Zurechenbarkeit der Erfolg seinen Grund genau in der objektiven Pflichtverletzung haben.

Vor diesem Hintergrund vermag der Senat der Auffassung nicht zu folgen, wonach mit Blick auf die Gefahren für die Heimbewohner bei der Abfassung eines Zeugnisses auch Belange der Allgemeinheit zu wahren sein sollen (sog. „Drittbezug der subjektiven Rechte auf die Allgemeinheit wie in Art. GG Artikel 14 GG“). Denn abgesehen davon, dass sich eine derartige Schutzwirkung, die sogar über diejenige eines Vertrages zugunsten Dritter hinausgehen würde, dem (besprochenen) Urteil gerade nicht entnehmen lässt, steht einem derart weiten Verständnis der Normzweck des § 109 GewO bzw. § 630 BGB entgegen: Der bisherige Arbeitgeber will mit dem Zeugnis in erster Linie den nebenvertraglichen Anspruch seines Arbeitnehmers erfüllen, nicht aber weitere rechtsgeschäftliche und sonstige Pflichten gegenüber ihm unbekannten „Dritten“ übernehmen.

Diese Entscheidung ist examensrelevant. 

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